Gemeinschaftsschule - ein Konzept für alle Kinder

  • von  Stefan Schuster
    17.02.2012
  • Stimmkreis, Landtag, Presse

Anregende Diskussion im „Hallerhof“ in Buckenhof (v.l.): Der 2. Bürgermeister von Eckental, Konrad Gubo, Stefan Schuster, MdL, Angelika Weikert, MdL, SPD-Kreisvorsitzender Dieter Rosner

„Ich bin gerne Lehrer“, erklärt der Mann, der neben Martin Güll sitzt. „Ich freue mich, wenn ich die hochmotivierten Fünfklässler ganz am Anfang im Gymnasium sehe. Und ich weiß schon ganz genau: bei einer Klasse mit 30 Kindern werde ich mich nicht so kümmern können, wie ich müsste, und der Lerneifer wird durch Leistungsdruck und Stress ersetzt werden.“

Zustände, die der Vorsitzende des Bildungsausschusses im Bayerischen Landtag Güll (SPD) ändern will.  Aus diesem Grund finden  Bildungsdialoge überall im Freistaat statt: Eltern, Lehrer, Verbände und auch Schüler reden gemeinsam über die Gemeinschaftsschule, die die Landtagsfraktion der SPD konzipiert hat. So auch am Donnerstag in Erlangen-Buckenhof: Nach einer kurzen Einführung in die Thematik bilden sich Stuhlkreise, in denen mit dem Bildungsexperten oder wahlweise mit seiner Kollegin aus dem Bildungsausschuss, Karin Pranghofer, diskutiert werden kann.
„Die Vorteile einer Gemeinschaftsschule liegen auf der Hand“, erklärt der Hauptschullehrer Güll. „Die Kinder werden nicht mit elf Jahren in Schubladen verteilt, sie lernen jeder für sich in seinem jeweiligen Lerntempo mit eigens geschnürten Lernpaketen in kleinen Gruppen und ohne sture Zeitstrukturen.  Lehrer sind nicht Programm abspulende Dozenten, sondern Lernpartner. Und am Ende machen alle den Abschluss, der für sie der Richtige ist – nicht der, der schon Jahre vorher festgelegt wurde.“ Das bedeutet für die Kinder: Die einen machen am Ende den Hauptschulabschluss, wieder andere den Realschulabschluss und für die dritte Gruppe geht es weiter in die gymnasiale Oberstufe – wie jetzt auch.
Ein weiterer Vorteil: Wenn nicht separiert werden muss, können auch kleine Schulstandorte erhalten bleiben. Ein Gedanke, der dem 2. Bürgermeister aus Eckental, Konrad Gubo, besonders gefällt. „Die Kinder in unserer Gegend werden alle kilometerweit durch die Gegend kutschiert, um zur Schule zu gehen“, so der Lokalpolitiker im Gespräch mit dem Betreuungsabgeordnetem für den Landkreis Erlangen-Höchstadt Stefan Schuster (SPD).  „Manche Gymnasiasten müssen allein für bestimmte Fächer von einem Ort zum anderen gebracht werden. Eine Entwicklung, die nur einem Busunternehmer gefallen kann.“


Die Vermeidung langer Fahrzeiten ist ein angenehmer Nebeneffekt, hauptsächlich jedoch geht es um die Ungerechtigkeit des Schulsystems in Bayern. Nirgendwo in Deutschland ist die soziale Herkunft eines Kindes so entscheidend für seine zukünftige Schulbildung. „Jedes dritte Kind in Bayern wird schon regelrecht krank ab der dritten Klasse, weil der Übertrittsdruck so extrem hoch ist“, empört sich eine Mutter in der Gesprächsrunde.
Der Gymnasiallehrer zieht schließlich ein Fazit: „Vieles von dem, was im Konzept der Gemeinschaftsschule vorgeschlagen wird, wird auch so in den zweisprachigen Schulen in Südtirol angewandt. Und die sind mit die erfolgreichsten Schulen Europas. Das kommt doch nicht von ungefähr!“